Die Weihnachtszeit ist eine Zeit des Wartens auf Wunder. Inmitten der erschöpfenden Realität des Krieges - Sehnsucht und Angst, Zweifel und Enttäuschungen und manchmal deprimierende Verzagtheit - fehlt es an positiven Gefühlen, und die Hoffnung auf das Beste ist so wärmend!
Der Fußball bildet in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Trotz einer erheblichen "Verwässerung" des Niveaus der nationalen Wettbewerbe mit einer praktisch vollständigen Abwanderung von Legionären und ukrainischen Spitzenspielern, trotz der für die Öffentlichkeit geschlossenen Tribünen, trotz des Mangels an Möglichkeiten, internationale Spiele in heimischen Stadien auszutragen, mit all den negativen logistischen Folgen für unsere Nationalmannschaften und Vereine, und schließlich trotz der katastrophalen Managementkrise, lässt der blau-gelbe Lederball nicht nach. Er beschert uns weiterhin spannende Momente, lenkt uns von den Schrecken der russischen Aggression ab und schürt unsere Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Er ist eine Art Durchgangsbrücke zum friedlichen Leben, von der Vergangenheit in die Zukunft.
Viele der Sterne auf dem diesjährigen ukrainischen Fußball-Weihnachtsbaum sind mit dem Glanz der guten Nachricht versehen. Es sind die erfolgreichen Auftritte unserer Landsleute im Ausland: Tsygankov und Dovbyk, Zabarnyi und Mykolenko, Zinchenko und Mudryk, Trubin und Lunin, usw. Und ganze Teams, die die Favoriten der nationalen Meisterschaft herausforderten: "Polissia" und "Kryvbas". Und natürlich die Triumphe der Nationalmannschaften: Die Futsal-Meister gewannen ein direktes Ticket für die Weltmeisterschaft, die Jugendmannschaft schaffte es zum ersten Mal in der Geschichte zu den Olympischen Spielen, die Nationalmannschaft war nur noch einen Schritt vom Erreichen der entscheidenden Phase der Euro 2024 entfernt - hätte der Schiedsrichter in den letzten Minuten nicht Nachsicht mit den Italienern gezeigt, wären es die Apenninen gewesen, die nun die Endspiele bestreiten würden.
Bei der Streuung dieser Dekorationen kann jeder eine Konstellation nach seinem Geschmack wählen. Mir persönlich sind die drei "personalisierten" Sterne mit den Porträts von Andriy Shevchenko, Serhiy Rebrov und Oleksandr Shovkovsky als erstes ins Auge gefallen.
Schewtschenko. Blick in die Zukunft
Der Blick in die Zukunft ist eine undankbare Aufgabe. Dennoch wage ich eine Vermutung über den Kandidaten für das Amt des Präsidenten des ukrainischen Fußballverbands: Nur eine Art außergewöhnliche höhere Gewalt kann den Gewinner des Ballon d'Or 2004, den ehemaligen Trainer der ukrainischen Nationalmannschaft, daran hindern, die Führungsposition zu übernehmen. Der Berichts- und Wahlkongress der UAF ist für den 25. Januar angesetzt, und es wird erwartet, dass Schewtschenko die Öffentlichkeit über die Hardware-Strategie, die Veränderungstaktik und das Personalpotenzial des künftigen Spitzenteams des Verbandes informiert.
Die Anwesenheit eines einzigen Kandidaten erlaubt es nicht, den Prozess der Ersetzung des Fußballmanagers als Wahl zu bezeichnen. Dennoch ist er natürlich sehr symbolträchtig. Vor allem angesichts der Versuche, in den Informationsraum Thesen über die Notwendigkeit einer dringenden Willensbekundung der Bürger eines vom Krieg zerrütteten Landes einzuschleusen.
Meiner Meinung nach ist Andrij Schewtschenko genau die Person, die in dieser Phase nicht nur in der Lage ist, den qualitativen Veränderungen in unserem Fußball einen neuen starken Impuls zu geben, sondern auch alle seine Subjekte zu vereinen. Als Mann von Welt weiß Andriy Mykolayovych nicht nur sehr gut, was die Sportmechanismen in den führenden Ländern und Institutionen antreibt, er hat es auch aus erster Hand erfahren. Und er hat bereits versucht, diese Erfahrungen als Trainer zu nutzen.
Unter Schewtschenkos Führung hat unsere Nationalmannschaft gelernt, auf eine Art und Weise zu agieren, die für einige ihrer Vorgänger nicht sehr typisch war - entspannt, inspiriert, mutig und erfinderisch. Eigentlich genau so, wie die Mannschaften früher gespielt haben, mit Schewa und Rebrov an der Spitze des Angriffs.
...Ich erinnere mich, dass Andrii in einem Interview mit der französischen Zeitung Onze Mondial kurz nach seinem Wechsel von Kiew nach Mailand eine Episode aus dem Trainingslager von Dynamo unter Valerii Lobanovskyi schilderte. Sein Fieber stieg auf 37,5 Grad und sein Hals schmerzte. Der Arzt verordnete ihm Ruhe und stellte ihn vom Training frei. Der stellvertretende Cheftrainer erschien jedoch recht schnell in Shevchenkos Zimmer: "Valeriy Vasylovych wartet auf dem Spielfeld auf Sie!"
Der Trainer begegnete ihm lakonisch: "37,5 ist kein Fieber, Halsweh ist keine Krankheit!" Nach der Lektion zeigte Shevchenkos Thermometer 39 an, und der Stürmer verbrachte die nächsten vier Tage im Bett. "Ich war dazu gezwungen", erklärte VVL später Andriy, "am ersten Trainingstag ist Shevchenkos Platz nur auf dem Feld, sonst denken seine Partner, dass es sich um eine nicht sehr ernste, nicht sehr verantwortungsvolle Lektion handelt, und sie werden nicht mit vollem Einsatz arbeiten. Du bist ein Anführer und musst mit gutem Beispiel vorangehen!"
Seitdem hat sich Schewtschenkos Arsenal an Führungsqualitäten nur erweitert und verhärtet. Dementsprechend ist die Messlatte der Anforderungen an ihn nicht niedriger geworden. Vor allem in einer Situation, in der das "Thermometer" der Krankheit des Managements unseres Fußballs aus dem Ruder läuft. Obwohl die Führung eines nationalen Verbandes eine neue, noch komplexere Ebene darstellt, scheinen Schewtschenkos Fähigkeiten und Tugenden Anlass zu geben, an den Erfolg seiner Mission zu glauben. Soweit ich weiß, hat sich der Liebling der Fans nicht nur in die "Lederball-Diplomatie" eingeklinkt, sondern die Erfahrung und die persönlichen Qualitäten des Beraters von Präsident Zelensky arbeiten tatsächlich für globalere nationale Interessen, für die internationale Autorität der Ukraine, und nicht nur im Rahmen öffentlicher Projekte wie United24.
Rebrov. Kreativität
Während er noch mit Vereinen in Saudi-Arabien, Ungarn und den Emiraten zusammenarbeitet, hat Rebrov den Journalisten wiederholt von seinem Traum erzählt, die ukrainische Nationalmannschaft zu führen. Serhiy Stanislavovych philosophierte über die Tatsache, dass die begehrte Ernennung - ohne eigenes Verschulden - zu einem kompletten Santa Barbara wurde. Dieses Epos trug einerseits zu den fußballerischen Erfolgen von Oleksandr Petrakov und Ruslan Rotan bei, machte sie andererseits aber auch zu Geiseln und in gewissem Maße sogar zu Opfern der offiziellen Inkompetenz.
Stattdessen musste Rebrov ein wahres diplomatisches Dribbling an den Tag legen - mit dem Geschick eines flüchtigen Stürmers überwand er die Palisade unangenehmer Fragen von Journalisten über die Aussicht, das Ruder der Nationalmannschaft zu übernehmen, und verriet dabei weder seine Kollegen in der Rolle des Schauspielers noch die unfähigen UAF-Funktionäre. Serhiy bewies einmal mehr Besonnenheit, Entschlossenheit, ein klares Verständnis für Prioritäten und ein beeindruckendes Gespür.
Als ich seine ruhigen, ausgewogenen Kommentare hörte, erinnerte ich mich immer wieder an Rebrov auf einer Pressekonferenz nach dem Europa-League-Spiel in Aalborg zwischen dem gleichnamigen lokalen Verein und Dynamo. Die unerwartete, vernichtende Niederlage, die nicht in die Logik der damaligen Zusammenarbeit zwischen dem Kiewer Verein und seinem Trainer passte, veranlasste letzteren nicht zu einem Wutanfall, geschweige denn zur Aufgabe.
Ohne den Blick abzuwenden, erfüllt von Traurigkeit und momentaner - nur momentaner - Verwirrung, beantwortete der Cheftrainer der Weiß-Blauen alle Fragen mit Zurückhaltung. Um am nächsten Morgen an seinen Fehlern zu arbeiten. Und um es bald zu beweisen: 0:Das 0:3 in Dänemark war nur ein unglücklicher Zwischenfall, aber der ukrainische Pokal, der dem scheinbar unbesiegbaren Shakhtar ein paar Monate zuvor entrissen wurde, ist ein Muster für die erfolgreichen Bemühungen des Trainers und seiner Schützlinge; zwei Meisterschaften in Folge sind ein Muster; die erste Teilnahme an den Playoffs zur Champions League seit der Ära Lobanovsky ist ein Muster; bezaubernde Siege gegen Hengam, Everton und Porto sind ein Muster!..
Auf den ersten Blick scheinen die Spielzeiten, die Rebrov als Trainer bei Al Agli, Ferencvaros und Al Ain verbrachte, ein großer Verlust für den ukrainischen Fußball zu sein. Stattdessen ist Serhii mit unschätzbaren Erfahrungen in sein Heimatland zurückgekehrt und hat diese bereits ausgepackt und geschickt in einer neuen Rolle und einem neuen Rhythmus bei der Leitung der Nationalmannschaft eingesetzt, der zu allen Schwierigkeiten auch die Freude an den Heimspielen fehlt.
Es war keine Schande, mit der ukrainischen Nationalmannschaft unter Rebrov Mitleid zu haben, selbst am Tag ihrer einzigen Niederlage gegen Italien in Mailand. Der amtierende Europameister konnte sich im letzten Vorrundenspiel nicht nur würdig wehren, sondern hätte das entscheidende Duell beinahe für sich entschieden. Leider hatte der spanische Schiedsrichter nicht den Mut, am Ende der Partie einen Elfmeter zu geben. Wären die Blau-Gelben erfolgreich gewesen, wer könnte sagen, dass es unverdient gewesen wäre? Die Argumente sind willensstarke Siege gegen Nordmazedonien und Malta, ein solides Unentschieden gegen England und der allgemeine Eindruck vom Spielniveau und Charakter unserer Mannschaft.
Die Zeit bis März, wenn die Ukraine im Eröffnungsspiel der Euro 2024-Play-offs auf Bosnien-Herzegowina trifft, wird unbemerkt vergehen. Wir hoffen, dass Rebrovs Männer im Kampf um ein Ticket für die Weltmeisterschaft 2022 besser abschneiden werden als Petrakows Team. Wir drücken die Daumen, bereiten aber auch unsere Handflächen für den Applaus vor.
Schowkowski. Loyalität
Dynamo Kiew ist nach wie vor einer der Stammvereine der Nationalmannschaft, dessen Cheftrainer Oleksandr Shovkovskyi vor kurzem zum Vollzeittrainer ernannt wurde. Zusammen mit Schewtschenko und Rebrov wurde er am häufigsten unter den Schlüsselspielern von Lobanovskijs letztem Starensemble genannt, das 1999 das Halbfinale der Champions League erreichte. SaSho, der etwas später als Serhiy und etwas früher als Andriy in die Stammelf aufrückte, wich nur gelegentlich seinen Konkurrenten im Tor aus und hinterließ den Dynamo-Fans und den Statistikern schließlich eine reiche Bilanz, die mit einer Kette einzigartiger Rekorde gewürzt ist, da er bei den großen Erfolgen des Vereins und der Nationalmannschaft eine führende Rolle spielte.
Shovkovskyi musste sich mit allen Launen des Schicksals vertraut machen, wie einer seiner berühmten Kollegen treffend sagte: "Ein Torhüter ist ein von Gott verfluchtes Geschöpf. Unter seinen Füßen wächst kein Gras, und selbst seine Mannschaftskameraden kehren ihm den Rücken zu." Es gab genug Fehlschüsse und Abpraller, um selbst die Unerschütterlichsten zu brechen. Es gab Verletzungen, die eine ruhmreiche, aber heikle Karriere zu unterbrechen drohten.
Im Gegensatz zu Schewtschenko und Rebrov gehört der gesamte aktive Teil seiner Sportbiografie Dynamo. Eine raffinierte Verkörperung von Loyalität und Patriotismus - gegenüber der Mannschaft, der Stadt, der Ukraine. Er ist ein wenig weiter als seine Mannschaftskameraden in die unabhängige Trainerpraxis gekommen. Wieder einmal rechtfertigte er das Vertrauen, indem er die Position nicht als Vorschuss, sondern als wohlverdienten Lohn erhielt. Das wiederum erhöht die Verantwortung und den Druck auf die Legende, deren Name untrennbar mit dem legendären Team verbunden ist.
Rebrov, der Oleg Blokhin als Kapitän von Dynamo abgelöst hat, hat Lucescu und sein Shakhtar in den Hintergrund gedrängt. Auch Shovkovskyi wird sich mit dem rumänischen Spezialisten messen müssen. Was einfacher ist, weil dieser Streit bereits in Abwesenheit ausgetragen wird. Und gleichzeitig schwieriger, weil es Mircea Mihajlovic war, der den Staffelstab an seinen ehemaligen Assistenten weiterreichte. Vergleiche, Gegenüberstellungen, Parallelen und Analogien lassen sich in dieser Situation nicht vermeiden.
Ich würde gerne glauben, dass die Veränderung der Stimmung und der Ergebnisse der Weiß-Blauen im November und Dezember nicht nur das Ergebnis der "Schocktherapie" ist, die ein Trainerwechsel normalerweise auslöst. Wir hoffen, dass dies das Ergebnis der taktischen und personellen Entscheidungen von Oleksandr Volodymyrovych ist, der Umsetzung seiner Vision des aktuellen Moments und der unmittelbaren Horizonte von Dynamo. Wir hoffen, dass ein weiterer talentierter Absolvent der großen Lobanovskyi-Akademie in der UPL-Trainerabteilung erscheinen wird.
Alle drei Dynamo-Stars haben Meter viel zu verdanken. So äußerte sich beispielsweise Schewtschenko in einem Gespräch mit einem Journalisten über die erwähnte Episode im Trainingslager: "Lobanovsky ist extrem hart, hart, fast böse! Aber ein Trainer ist eine Führungspersönlichkeit, und eine Führungspersönlichkeit muss diese Eigenschaften haben, sonst kann sie die Menschen nicht führen."
Später wurden diese eisigen "37,5 ist kein Fieber, Halsschmerzen sind keine Krankheit!" in Trophäen, Medaillen von höchster Qualität und sogar Goldene Bälle umgewandelt und bildeten die Grundlage für die Legierung des Charakters, die es allen drei meiner Helden heute ermöglicht, auch viele Jahre nach ihren Leistungen im Fußball sichtbar zu bleiben.
Das ist übrigens eine der wichtigsten Dynamo-Traditionen des letzten halben Jahrhunderts: Die meisten Spieler der Mannschaft sind auch nach ihrem Abschied vom grünen Rasen herausragende Persönlichkeiten geblieben und haben sich zu großen Trainern oder Qualitätsmanagern umgeschult. Ich glaube, dass Shovkovskyi sich in diese Riege einreihen kann - insbesondere als Verkörperung der im Titel "verschlüsselten" Hoffnung: der dritte goldene Stern über dem weltberühmten Logo - eine Raute mit dem Buchstaben "D"
Illustrationen - Mykola BOCHKO, Oleksandr ZADYRAKA, die offizielle Website des FC Dynamo, die Facebook-Seiten von UAF und Andriy SHEVCHENKO.
Yurii KORZACHENKO
