Der legendäre ukrainische Trainer Vitaliy Kvartsyanyi hat seine Einschätzung zu den ukrainischen Gegnern in der Euro 2024-Gruppe - den Nationalmannschaften von Belgien, der Slowakei und Rumänien - abgegeben.
- Bei der Vorbereitung auf die Europameisterschaft sollte unsere Mannschaft viele Besonderheiten des gegnerischen Spiels berücksichtigen. Ich beginne mit Rumänien, das schon immer eine unnachgiebige Mannschaft war. Selbst wenn man an die alten Zeiten denkt, als Stars wie Florea Dumitrake, Gheorghe Hadji, Marius Lacătuş, Florin Reducoiu, Dan Petrescu und andere brillant spielten. Sie waren harmonische Spieler für ihre Nationalmannschaft: Sie konnten perfekt mit dem Ball umgehen und waren Athleten. Alle zeichneten sich durch Kraft und hohes Können aus. Einst gewann Steaua Bukarest, bei dem der oben erwähnte Lăkătuş erfolgreich spielte, den Champions Cup. Das war 1986 - übrigens fünf Tage nachdem Dynamo Kiew eine andere ehrenvolle Trophäe gewonnen hatte: den Pokal der Pokalsieger. Was soll man sagen, es war eine meisterliche Generation!
Die guten fußballerischen Qualitäten der rumänischen Nation sind jedoch nicht verschwunden, denn sie haben sie in ihren Genen. Ich kann das mit Zuversicht sagen, denn ich habe in Volyn einige Rumänen spielen sehen. Sie sind allesamt qualifizierte und talentierte Spieler.
- Was halten Sie von der slowakischen Nationalmannschaft?
- Diese Mannschaft ist kräftiger, athletischer. Sie hat aber auch Spieler, die vor dem Hintergrund ihrer Stärke in anderen Bereichen des Fußballs noch gut aussehen. Ich habe immer geglaubt, dass diese Spieler sehr stark sind, wenn eine Mannschaft über eine ausgefeilte Schnelligkeitstechnik verfügt. Gegen sie ist es schwierig, den Kampf um die Oberhand zu gewinnen, den wir im Zentrum des Spielfeldes verlieren.
Mit den Slowaken wird es auch in anderen Spielepisoden schwierig sein. Man schlägt zum Beispiel den Gegner und setzt sich ab, aber der eine oder andere Spieler der slowakischen Nationalmannschaft braucht nur ein paar Schritte zu beschleunigen, um aufzuholen, den Ball wegzuschlagen oder den Körper einzusetzen. Daher wird es kein leichtes Spiel mit dieser Mannschaft geben. Mit Juraj Kucka, Stanislav Lobotka und Robert Mak haben sie genügend qualifizierte Spieler in ihren Reihen. Sie alle haben bei Auftritten im Ausland Erfahrungen gesammelt.
- Die belgische Nationalmannschaft wird von allen als der Favorit der Gruppe bezeichnet. Ist sie jetzt wirklich so stark?
- Die Belgier sind eine Art Symbiose aus unseren beiden anderen Rivalen - den Rumänen und den Slowaken. Die aktuelle Generation der belgischen Nationalmannschaft befindet sich im Umbruch. Es gibt neue Spieler, und es ist nicht mehr dieselbe Truppe wie früher, als die belgische Nationalmannschaft die führende Mannschaft in Europa war - ich meine Thibaut Courtois, Romelu Lukaku, Kevin De Bruyne, Axel Witsel. Sie alle sind in ihren Dreißigern. Belgien belegte in seiner Qualifikationsgruppe den ersten Platz und lag während des gesamten Turniers in Führung.
- Wie schätzen Sie die Chancen der ukrainischen Nationalmannschaft im Duell mit den oben genannten Teams bei der Euro-2024 ein?
- Je höher die Klasse des Gegners ist, desto abgestimmter und motivierter ist die ukrainische Nationalmannschaft. In Spielen mit solchen Mannschaften sieht unsere Mannschaft nicht wie ein Prügelknabe aus. Und wenn es den Schützlingen von Rebrov gelingt, in den Freundschaftsspielen gegen Deutschland, Polen und Moldawien, die sie im Juni bestreiten werden, mehr Erfahrung zu sammeln, wird dies vor dem Start der Euro-2024 sehr wichtig sein. In diesen Spielen kann der Trainerstab diese oder jene Taktik ausprobieren. Und selbst wenn unsere Nationalmannschaft in einem bestimmten Spiel verliert, ist das nicht so wichtig. Die Wertung wird dadurch nicht beeinträchtigt, aber sie ist nützlich und gibt Anlass zum Nachdenken. Daher besteht die Hoffnung, dass sich diese Bewertung bei den offiziellen Spielen der Europameisterschaft verbessern wird.
Ich denke, dass das letzte Spiel gegen Italien eine Art Lackmustest für die Fähigkeiten der ukrainischen Nationalmannschaft sein kann. Wir haben selbstbewusst genug gegen diese Mannschaft gespielt, und ihre Spieler hatten Angst vor uns. Am Ende des Spiels trieb die Ukraine die Italiener so sehr an, dass sie den Ball schossen, wohin sie wollten.
Man musste sich nur das Gesicht ihres Trainers Luciano Spalletti ansehen, um zu verstehen: Der Mann stand so unter Stress, dass er es wahrscheinlich bereut hat, Napoli verlassen zu haben. Wenn Italien damals gegen die Ukraine verloren hätte, wären seine Porträts wohl verbrannt worden. (Lacht). Wir erinnern uns alle daran, wie der Schiedsrichter einen Elfmeter für ein offensichtliches Vergehen im Strafraum an Mykhailo Mudryk nicht gegeben hat. Dennoch haben unsere Jungs aus der Nationalmannschaft mit ihren Siegen in zwei Playoff-Qualifikationsspielen gegen die Bosnier und die Isländer bewiesen, dass sie es verdient haben, an der Kontinentalmeisterschaft teilzunehmen. Wir wünschen der Ukraine, dass sie so gut wie möglich abschneidet.